Die "Trivialkanzlerin" und der Dienstbote

Veröffentlicht am 05.03.2010 in Bundespolitik

Klare Worte in Vilshofen: Scharfzüngig hat der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel beim politischen Aschermittwoch mit den Weichenstellungen der Regierung abgerechnet – und mit dem Vizekanzler. Guido Westerwelle sei der "Dienstbote derjenigen, die sich den Staat zur Beute machen wollen".

Pointiert hat der SPD-Vorsitzende am Mittwoch im bayerischen Vilshofen den Start der schwarz-gelben Bundesregierung seziert – und deutliche Worte für die von Westerwelle losgetretene Sozialstaatsdebatte formuliert. Anders als der FDP-Chef glauben machen wolle, seien die "wahren Sozialbetrüger in Deutschland" Spitzenverdiener, die ihr Geld in der Schweiz oder in anderen Staaten der Besteuerung entzögen. Sie nutzten öffentliche Einrichtungen, besuchten beispielsweise "subventionierte Theater", verweigerten sich aber der Mitfinanzierung des Gemeinwesens.

Statt entschlossen gegen Steuerhinterziehung vorzugehen, versuche der FDP-Chef aber "in einer ergebnislosen Debatte Sündenböcke zu finden" – auch für eine ausufernde Staatsverschuldung, die durch Entscheidungen der Bundesregierung befeuert werde. "Westerwelle ist nicht Außenminister, er ist der Dienstbote derjenigen, die sich den Staat zur Beute machen wollen", fasste der SPD-Vorsitzende unter lautstarker Zustimmung vor rund 500 Gästen zusammen.
Die Beschreibung entspricht vermutlich nicht dem „Duktus“ der Kanzlerin: "Es geht aber auch nicht um die Wortwahl", unterstrich Gabriel, "es geht um Substanz". In der Hartz-IV-Debatte führt Westerwelle regelmäßig das Beispiel einer Kellnerin an, die von ihrem Lohn auch leben können soll. Der SPD-Vorsitzende verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass ihr die geplanten schwarz-gelben Steuersenkungen aber nicht zugute kämen, weil sie bei ihrem Verdienst gar keine Steuern zahlen müsse. Auf der anderen Seite habe sie aber künftig mit steigenden Abgaben zu rechnen.

Freundlicher Pharmareferent, der behauptet, er sei Gesundheitsminister
Bei der Kopfpauschale im Gesundheitswesen müssten in Zukunft 40 Millionen Deutsche "beim Sozialamt einen Zuschuss beantragen, wenn sie ins Krankenhaus müssen", warnte Gabriel und erinnerte daran, dass ein führender Lobbyist der Privaten Krankenkassen im Gesundheitsministerium nun die Gesetzliche Krankenversicherung reformieren solle: "Der freundliche Pharmareferent, der behauptet, er sei Gesundheitsminister, lockt den Fuchs in den Hühnerstall."

50.000 Kindergartenplätze statt Geschenke an Hoteliers
Zudem drohe eine dauerhafte und vor allem auch für die Länder und Kommunen katastrophale Schwächung des Staates – mit weitreichenden Konsequenzen in alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Allein mit dem Steuergeschenk für Hoteliers hätten 50.000 Kindergartenplätze eingerichtet werden können, kritisierte der SPD-Vorsitzende. Auch bei den Bildungsausgaben hinke Deutschland schon jetzt um 20 Milliarden Euro hinter dem Durchschnitt der Industriestaaten hinterher. Und es komme noch schlimmer: Die jüngst von Schwarz-Gelb beschlossenen Steuersenkungen bezeichnete Gabriel als erst den "Beginn einer gigantischen Verschuldungsorgie".
Zukunftsorientierte Konzepte vermisst der Sozialdemokrat auch in der Energiepolitik. Die geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke verhindere Investitionen im Bereich Erneuerbarer Energien und gefährde hunderttausende zukunftsfähiger Jobs. Daran ändere auch der Vorstoß des Umweltministers nichts, der die Laufzeitverlängerung auf acht Jahre begrenzen will. Dies sei vor allem taktischen Überlegungen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen geschuldet: "Röttgen verbreitet grünen Nebel, um die Wähler in NRW in den schwarzen Sumpf zu locken."

Horst "Drehhofer"
Den bayerischen Ministerpräsidenten bezeichnete der SPD-Vorsitzende als "Drehhofer – weil man nie so recht weiß, in welche Richtung er sich gerade dreht".

Und die Kanzlerin forderte Gabriel auf, endlich Verantwortung zu übernehmen und ihre Politik nicht nur von Schlagzeilen einer großen Boulevard-Zeitung abhängig zu machen. "Sie reagiert immer dann, wenn etwas in der Bild-Zeitung steht", hat der SPD-Vorsitzende festgestellt. "Angela Merkel ist keine Präsidialkanzlerin", wie oft behauptet werde. "Sie ist Trivialkanzlerin", so Gabriel.

Quelle:www.spd.de

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